Die verschiedenen Konstruktionen der Schultafel

DAS GROSSE BUCH DER SCHULTAFEL

 
 

Arten von Schultafeln um 1900


Die Wandtafeln



Nach Form und Konstruktion lassen sich die Schultafeln der Hauptsache nach in zwei Arten, Wandtafeln und Ständertafeln einteilen. Zu den Wandtafeln zählen diejenigen, deren Tafelfläche selbst oder deren Gestellrahmen an der Wand befestigt ist.


1. Die fest angebrachten Schultafeln sind meist von längerer Ausdehnung und entweder in vertikaler oder etwas schräger Lage befestigt. Die Unbeweglichkeit der Schreibfläche behindert sowohl Lehrer als auch Schüler beim Arbeiten. Da die Tafelfläche beim Arbeiten meist in Augenhöhe sein soll, so kann dieser Nachteil nur teilweise durch Aufstellen von Stufen behoben werden, welche auch die Ausnutzung der Fläche wenigstens in etwas bequemerer Weise ermöglichen. Diese Tafeln haben noch den Nachteil, dass sie nur einseitig benutzt werden können. In Landschulen finden sich solche Tafeln sehr häufig.


2. Man suchte bald die Unbeweglichkeit der Schulwandtafel zu beseitigen und ging hierbei Schritt für Schritt bei jeder neuen Konstruktion weiter. Zunächst suchte man auch die zweite Tafelfläche zur Benutzung zu konstruieren und machte die Tafel transportabel. Sie wurde mit Ringen an der Wand befestigt und konnte so in beliebiger Höhe auf beiden Seiten benutzt werden. Auch wurden die Tafeln infolge ihrer Beweglichkeit bald etwas leichter gemacht. Es wurde Schiefertuch oder Linoleum in Rahmen gespannt oder gar mit Rollstäben versehen, wie sie jetzt noch als Notentafeln etc. in Verwendung stehen.








3. Um das Höher- und Tieferhängen von Schultafeln leichter und bequemer zu ermöglichen, konstruierte man eigene Stellvorrichtungen, welche für alle Wandtafeln anwendbar sind. a) Die knopfgabelartige Stellvorrichtung besteht aus zwei knopfgabelartig durchbrochenen, an der Wand zu befestigenden eisernen Schienen und zwei in den Rahmen einzuschraubenden knebelartigen Anhängern. Die Tafel wird zur leichteren Anwendungen und Verhütung des eventuellen Herabfallen erst an der einen, dann an der anderen Seite höher oder niedriger gestellt. b) Die seitliche Stellvorrichtung besteht aus zwei an der Wand zu beiden Seiten der Tafel befestigten eisernen Schienen mit schlitzund kerbartigen Durchbrechungen und zwei seitlich in den Rahmen einzubringenden Stellstiften mit Flügelschrauben. c) Die Aufzugsvorrichtung besteht aus einer über Rollen geführte Messingkette mit Flaschenzugkolben, zwei seitlich von der Schultafel an der Wand befestigten Führungsschienen mit Stellstift für die Kette und Stützbankeisen unterhalb der Tafel. Die an den Kolben eingehängte Tafel kann aus den Schienen gezogen, am Kolben hängend gewendet und so von beiden Seiten genutzt werden.


4. Die gebräuchlichsten Wandtafeln sind wohl jene, welche sich in einem an der Wand stehenden Gestell befinden. Von diesen seien zuerst die Tafeln in senkrechter fixer Staffelei zu erwähnen, welche in vertikaler Richtung verschoben werden können. Die Tafelhöhe kann somit in die gewünschte Augenhöhe gebracht werden und lässt auch ein Umwenden zwecks Benutzung der zweiten Fläche zu. Tafeln von kleinerem Format haben gewöhnlich nur einen Zapfen. Für Zeichensäle werden solche Schultafeln mit längerer Ausdehnung mit festen Zapfen hergestellt. Das Hoch- und Tiefstellen so großer Holztafeln ist aber ziemlich beschwerlich. Man verbesserte dieses System ziemlich praktisch durch Anbringung von Rollgewichten.


5. Die Wandtafeln mit Rollgewichten sind äußerst praktisch, da sie leicht verschiebbar sind. Die Tafeln hängen an Schnüren, welche über Rollen laufen und mit Gegengewichten belastet sind. Mittels zweier Griffe an der Tafel lässt sie sich in jeder beliebigen Lage fest stellen. Leider ist bei diesen einfachen Rolltafeln nur eine Fläche benutzbar. Man suchte nun auch diesen Nachteil zu beseitigen und kam auf die Idee, die zweite unbenutzte Fläche durch eine zweite Tafel zu ersetzen und konstruierte somit ein Zuggestell mit Doppeltafel.


6. Bei der Doppeltafel im Zuggestell wurden die Gegengewichte der einfachen Zugtafel durch eine zweite Tafel ersetzt, so dass eine Tafel die andere im Gleichgewicht hält. Sie wurde auch als Paternostertafel bezeichnet. Für Schulen, in welchen der freie Raum in den Lehrzimmern das freie Aufstellen einer zweiten Schultafel nicht gestattet, ist diese Konstruktion von Vorteil. Die Technik der Wandtafel- Konstruktion ging aber noch weiter und brachte bei den Rolltafeln dieser Art eine Vorrichtung an, so dass die Tafeln auch bei Bedarf aus dem Gestell herausgenommen und umgewendet werden können.








7. Eine weitere Vervollkommnung erfuhr die Zugtafel durch Anbringung einer Wendevorrichtung, welche sowohl die einfache wie die doppelte Zugtafel zu einer eigentlichen Wendetafel umgestaltet. Die Nutzbarkeit der beiden Tafelflächen wird dadurch wesentlich erleichtert.


8. Ähnlich den zuvor erwähnten Tafeln mit Rollgewichten ist die Rolltafel mit Walzen im fixen Gestell. In einem an der Wand befestigten Gestell sind in entsprechender Entfernung zwei Walzen angebracht, über welche ein Schiefertuch gespannt ist. Dasselbe kann mittels Schnüre und Rollen durch Drehen einer Kurbel über diese Walzen beliebig gezogen werden. Die Tafelfläche ist in jeder gewünschten Lage benutzbar und vereinigt somit die Vorteile einer Doppeltafel im Zuggestell. Aufzeichnungen können in eine allen Schülern sichtbare Höhe oder auf die Rückseite zur Wiederbenutzung in späteren Lehrstunden gebracht werden. Die Kurbel ist so leicht einzuschieben wie abzunehmen und kann in dem sich vorne befindlichen Kasten, welcher gleichzeitig zur Aufbewahrung von Kreide, Schwamm, Zirkel, Lineal etc. dient, eingeschlossen werden, um jede unbefugte Hantierung an den Schultafeln zu verhindern. Da die Schreibfläche (Schiefertuch oder Linoleum) sich auf eine dahinter befindliche Platte straff anlegt, setzt sich auch der Zirkel leicht und sicher ein und hinterlässt fast keine Spuren, um so weniger als durch die Beweglichkeit der Schreibfläche der Einsatz stets an einer anderen Stelle erfolgen kann. Waagerechte und senkrechte Linien und aus solchen gebildete Figuren können ohne die Zuhilfenahme eines Lineals aus freier Hand korrekt gezeichnet werden. Als Lineal für waagerechte Linien diente der, der Schreibfläche zugewendete Rand des unteren Teiles der Umrahmung. Durch die Bewegung der Schreibfläche mit der linken Hand können die beliebigsten Zwischenräume erzielt werden. Für senkrechte Linien ist die Kreide an beliebiger Stelle nur an die Schreibfläche zu halten und diese empor zu bewegen.








9. Von den Wandtafeln, welche in einem Gestell oder in einem Rahmen beweglich sind, wären noch die Horizontal-Schiebetafeln zu erwähnen. Diese Tafel besteht aus einer in horizontaler Richtung je nach Wunsch beziehungsweise vorhandenen Raum beliebig langen Tafel, auf welcher zwischen oben und unten angebrachte genutete Leisten eine kleinere auf Rollen laufende Tafel hin- und her geschoben werden kann. Diese Schreibtafel bietet eine große Benutzungsfläche und gestattet ein Verdecken benutzter Flächen, auf welchen die Arbeiten für andere Unterrichtsstunden stehen bleiben sollen.


10. Bisher wurden Schultafeln vorgeführt, welche in einem Gestellrahmen in Schienen laufend frei beweglich waren. Es werden aber auch Wandtafelgestelle geliefert, welche ebenfalls an der Wand befestigt sind und eine Aufhängevorrichtung für die Tafel zeigen. Die Tafel hängt an Schnüren oder Ketten und kann bequem gedreht und auch zweckentsprechend hoch und nieder gestellt werden. Das Wenden geschieht am leichtesten von unten nach oben, indem die untere Kante der Tafel etwas vom Gestell abgezogen wird. Durch Wiederholung wickelt sich die Kette um die eiverlängerte Horizontalachse und windet so die überall festzustellende Tafel mit wenigen Drehungen in die Höhe.


11. Dieselbe Tafel mit Aufhängevorrichtung wird auch mit Gegengewicht hergestellt.


12. Die Beweglichkeit sämtlicher bisher beschriebenen Wandtafelsysteme war insofern eine beschränkte, da sie nur ein Höher-, Tieferstellen, wohl auch ein Verschieben in horizontaler Lage - und ein Wenden gestatten, aber ein Drehen und Feststellen der Tafel oder des ganzen Gestells in einem Winkel zur Wandfläche war ausgeschlossen. Man entsprach auch diesem Be-  dürfniss und konstruierte einen beweglichen Rahmen, der auch durch verändertes Feststellen der Schere die Tafel in beliebige Neigung bringen lässt. Die Schrägstellung mag beim Arbeiten manchem erwünscht sein. Dieses System vereinigt sonst alle Vorteile der erwähnten ähnlichen Tafelkonstruktionen.








13. Vorteilhafter noch als die schräge Winkelstellung ist die senkrechte Drehvorrichtung. Einfache Wandtafeln im Gestell werden nur an der linken vertikalen Seite des Rahmens an der Wand befestigt. Das andere vertikale Ende vom Gestell kann im Kreisbogen, wie beim Öffnen ei-  Bener Tür, beliebig verschoben werden. Diese Beweglichkeit der Tafel, also ein Drehen nach verschiedenen vertikalen Winkeln bietet namentlich bei ungünstiger Beleuchtung manche Vorteile. Zum Zwecke des Feststehens wird gewöhnlich ein Eisenhaken angebracht. Diesem sehr ähnlich ist das System, welches das nebenstehende Bild zeigt. Die Tafel ist mit senkrechter Wende- und Drehvorrichtung konstruiert.


14. Von den nach Winkeln beweglichen Wandtafeln müssen noch die so genannten Klapptafeln angefügt werden. Sie werden in verschiedenen Ausführungen geliefert und können als einfache, zwei-, drei- und mehrteilige Klapptafeln verwendet werden. Mehrteilige Klapptafeln sind unter dem Namen Buchtafeln bekannt. Die Klapptafeln sind insofern praktisch, als sie auf verhältnismäßig kleinem Raum mehrere benutzbare Flächen bieten. Dadurch ist viel Schreibfläche gewährleistet. Die Klapptafeln können leicht an schon in Benutzung stehenden Holztafeln angebracht werden. Diese Buchtafeln wurden in Dachgeschossen verwendet, z. B. wenn die Klassenstärke anwuchs und eine Klasse nach oben verlagert werden musste.

 

15. Eine Vereinigung von Wandtafel mit Seitenschiebtafeln (klappbaren Übungstafeln) zeigt uns das Patent Kurialische Schul-Doppeltafel. Beim Verstellen in die Höhe ergreift man die an den Schultafelrändern ange15. Eine Vereinigung von Wandtafel mit Seitenschiebtafeln (klappbaren Übungstafeln) zeigt uns das Patent Kurialische Schul-Doppeltafel. Beim Verstellen in die Höhe ergreift man die an den Schultafelrändern angebrachten Eisenriegel und schiebt die Tafel, indem man dieselbe etwas hebt, in die Höhe. Beim Verstellen nach unten zieht man am gleichen Griff an der Tafel. Beim Wenden der vorderen Tafel muss man darauf achten, dass dieselbe in der entsprechenden Höhe zum Stehen kommt, das heißt, die Schultafel soll in der niedersten Stellung gewendet werden. Die Wendung geschieht, indem zuerst die links und rechts in der Mitte der Schultafelhöhe befindlichen Sperrreiber loslässt; dann ergreift man die Tafel von unten, hebt dieselbe etwas gegen sich, wobei der obere Teil der Schultafel auf Gleitrollen so weit in der Nute läuft, bis die Tafel in umgekehrter Lage an den Tragständer sich anlegt. Hierauf werden die Sperrreiber wieder geschlossen. Beim Wenden der rückwärtigen Tafel muss beachtet werden, dass dieselbe so weit nieder steht als überhaupt möglich ist und dann geschieht die Loslösung der beiden Sperrreiber sowie die Wendung derselben genau wie bei der Vordertafel. Jetzt werden beide Seitensperrreiber wieder geschlossen. Die Tafel ist wieder in die Höhe verstellverstellbar. Das Ausziehen der Seitentafel (Übungstafel) wird durch einfachen Handgriff bewirkt. Die Tafel wird herausgezogen, so weit es geht. Dann zieht man die Tafel nach vorn und stellt dieselbe in die gewünschte Neigung, indem man die rückwärts angebrachte Stellvorrichtung einstellt. Die Rückstellung in die Ruhelage geschieht in umgekehrter Reihenfolge. Die seitlichen Schultafeln können aber auch an der Wand bleiben und benutzt werden und brauchen dieselben zu diesem Zwecke nur so weit herausgezogen werden, als man es für nötig erachtet.








16. Von den anderen existierenden Wandtafelkonstruktionen wären wohl noch einige anzuführen, die aber vielfach unbekannt sind und daher auch fast nicht in Verwendung stehen. Sie sind meist komplizierte Tafelmechanismen, die für Schulen nicht den praktischen Wert haben, den doch eine brauchbare Schulwandtafel aufweisen muss. Als Muster solcher komplizierter Wandtafelkonstruktionen soll die obige Abbildung dienen, welche ein ganzes Wandgehänge darstellt. Diese und ähnliche Wandtafelsysteme mögen vielleicht für Universitäten und Ausstellungen Verwendung finden, für uns können sie nur theoretischen Wert haben. Zu den Ständertafeln übergehend sei vorweg bemerkt, dass hierzu alle jene Schultafeln gerechnet werden, welche nicht direkt glatt anliegend an der Wand befestigt sind, im allgemeinen also alle Tafeln, welche auf Staffeleien oder anderen Gestellen lose oder mit diesen verbunden fortbeweglich beziehungsweise transportabel sind. Die Ständertafeln sind in ihren Arten ebenso mannigfaltig wie die verschiedenen Wandtafelkonstruktionen. Im allgemeinen finden wir auch hier dieselben oder doch ähnliche Konstruktionen vor, welche bei der Wandtafel als Zug oder Wendevorrichtung angebracht sind. Der Hauptvorzug der Ständertafel liegt unstreitig in deren fast allseitigen freien Beweglichkeit und Transportfähigkeit. Von den vielen Arten der Ständertafeln seien hier nur die gebräuchlichsten besprochen.

 
 

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